Gewalt und Behinderungen
Frauen mit Beeinträchtigungen sind deutlich häufiger von Gewalt betroffen als Frauen ohne Beeinträchtigungen. Mehr als ein Drittel der Frauen mit Beeinträchtigungen haben in ihrem Leben sexuelle Gewalt erlebt, das heißt in Kindheit, Jugend oder als Erwachsene. Das hat eine repräsentative Studie ergeben, die 2012 vom BMFSFJ veröffentlicht wurde. Ähnlich sieht es bei körperlicher Gewalt aus: Etwa 3 von 5 Frauen mit Beeinträchtigungen haben körperliche Gewalt im Erwachsenenleben erfahren, das ist fast doppelt so häufig wie Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt.[1]
Fast alle Frauen mit Beeinträchtigungen haben Diskriminierungserfahrungen gemacht. Insbesondere Frauen, die in Einrichtungen leben, berichten in der Studie häufig von bevormundenden und einschränkenden Regeln sowie einem Mangel an Privatsphäre.
Obwohl Studien zeigen, dass Gewalt in allen Teilen der Gesellschaft vorkommt und somit jede Frau treffen kann, gibt es bestimmte Risikofaktoren, die Gewalt besonders begünstigen. Beispielsweise sind Frauen besonders gefährdet, wenn sie sich von ihrem Partner trennen oder scheiden lassen wollen.
Auch für Frauen, die von einer mehrfachen Diskriminierung betroffen sind, erhöht sich das Risiko, Gewalt zu erfahren. So erfahren Frauen und Mädchen mit Beeinträchtigung einerseits geschlechtsspezifische Gewalt, weil sie Frauen sind, und zugleich Gewalt und Diskriminierung aufgrund ihrer Behinderung.
Auch viele weitere Risikofaktoren, die Gewalt begünstigen, treffen besonders häufig auf Frauen und Mädchen mit Beeinträchtigungen zu. Dazu gehören beispielsweise soziale Isolation, wovon Menschen mit Beeinträchtigungen aufgrund von geringeren Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe und aufgrund von gesellschaftlicher Ausgrenzung häufiger betroffen sind.
Zu den Risikofaktoren gehören stärkere Abhängigkeitsverhältnisse, wenn Frauen zum Beispiel dauerhaft auf Pflege- und Assistenzpersonen angewiesen sind. Auch eine gefühlte oder tatsächliche Wehrlosigkeit kann Gewalt begünstigen. Vielen Frauen mit Beeinträchtigungen fällt es schwerer, ihre eigenen Grenzen deutlich zu machen und einzufordern, weil sie es beispielsweise von Kindheit an gewohnt sind, dass Assistenzpersonen und Ärzte sie ungefragt anfassen.